Neubau der Drawehnertor-Brücke

Hitzacker
Drawehnertorstraße
Datum: Oktober 1936
Zeitraum: 1933 - 1945

Die Zeitung "Allgemeiner Anzeiger" berichtet 1936 mehrfach über das Neubauprojekt der Drawehnertorbrücke:

"17. Juni
Über die neu zu erbauende Drawehnertorbrücke über die Jeetzel ist noch zu berichten: Die Brücke wird an der gleichen Stelle errichtet werden, wo sich die alte aus Holz gebaute Brücke befindet. Die neue Brücke wird in Eisenbeton ausgeführt, und sie wird nur von den beiden Ufermauern getragen werden ohne sonstige Pfeiler im Flußbett. Die Pläne und Berechnungen der geplanten Brücke sind bereits fertiggestellt, und sie wird sich in ihrer äußeren Form eng an die bisherige Form anlehnen, so daß sie das Landschaftsbild nicht stören wird. Die bisherige Drawehnertorbrücke verdankt ihre malerischen Reize dem Umstand, daß sie von vielen Holzpfeilern getragen wird, die das Flußbett unter dem Joch schön ausgliedern. Außerdem wird ihre Wirkung noch erhöht durch die an der Ostseite vorgebauten Eisschollenbrecher. Die neue Brücke wird keine Pfeiler im Bett der Jeetzel und keine Eisschollenbrecher haben, dafür wird sie aber auch einen freien Blick zwischen Brückenjoch und Fluß gewähren, der auch viel Anziehendes hat. Das Brückengeländer wird wie bisher in Eisenkonstruktion aus Stäben bestehen. Während der Bauzeit wird zwischen dem Fährpavillon und der Fischerei Gustav Basedow eine Behelfsbrücke über die Jeetzel geschlagen werden für den Fuhrwerksverkehr, damit die Fahrzeuge von der Jeetzeluferstraße beim Kaufhaus Rehls wieder die Hauptstraße erreichen können. Für den Fußgängerverkehr wird eine Holzbrücke zwischen der Inselstadt und den Außenbezirken errichtet, die ihren Ausgang von dem Platze hinter dem Ludolph'schen Grundstücke nimmt und zur Siedlung hinüberführt.

27. Juli
Die Vergebung des Neubaues der Drawehnertorbrücke über die Jeetzel an die Firma Grasdorff-Hannover ist erfolgt. Am 3. August wird die alte Brücke für den Verkehr gesperrt, die Umleitung geschieht über die Bahnhofsbrücke am Kranplatz.

12. August
Der Neubau der Drawehnertorbrücke ist in vollem Gange. In der letzten Woche ist die alte Holzbrücke am Drawehnertor abgebrochen worden, und nur das Balkenwerk, das als Eisschollenbrecher die hölzernen Tragpfeiler der bisherigen Brücke schützte, ragt noch empor. Hitzacker ist um ein schönes Stück Romantik ärmer geworden! Aber die Sicherheit und das stetige Wachsen des Verkehrs forderten den Neubau, der sich eng an die alte Bauform antlehnt und so die Tradition wahrt. Ein geschäftiges Leben und Treiben herrscht nun an der Baustelle. Nachdem die Holzteile der alten Brücke beseitigt sind, wird eifrig an der Abtragung der stadtseitigen Brückenböschung gearbeitet, damit bald die Eisenbetonarbeiten am rechten Ufer beginnen können. An der rechten Brückenseite ist mit einer Maschinenramme bereits eine Spundwand aus Eisen quer durch das Jeetzelbett gerammt, und auch an der linken Seite der Brücke wird jetzt eine Spundwand in das Flußbett gerammt, damit später die Jeetzel zwischen den Spundwänden leergepumpt werden kann für die Betonierungsarbeiten an beiden Uferböschungen. Auf dem sogenannten Bohnenmarkt werden Tag für Tag Materialien für die Brückenbauarbeiten angefahren. So sieht man Schienen und Loren für die Betonbeförderung dort lagern, ferner Bretter und Schalholz für die Betonierungsarbeiten und Eisenträger, die ebenfalls beim Bau Verwendung finden sollen. Die Straße vor und hinter der Brücke wird ebenfalls verbreitert. Jung und Alt nimmt lebhaften Anteil an dem Fortgang der Bauarbeiten. Der Verkehr regelt sich während der Bauzeit durch die beiden Notbrücken reibungslos, zumal auch mehrere Verkehrsposten bei Tag und Nacht für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer sorgen.

21. August
Die Vorarbeiten für den Neubau der Jeetzelbrücke am Drawehnertore schreiten rüstig vorwärts. Der Rammbär hat seine Arbeit beendet, denn die Spundwände im Jeetzelbett vor und hinter der Brücke sind geschlossen. Mit Motorpumpen wurde das zwischen den Spundwänden sich befindende Jeetzelwasser herausgepumpt, sodaß jetzt das Flußbett in der Breite der geplanten neuen Brücke trocken liegt. Stauwasser und Niederschläge werden stets sofort wieder durch Pumpen entfernt, Nachdem die alte, mit Feldsteinen befestigte Uferböschung an der Inselseite bis auf die Flußsohle abgetragen wurde, mußte die Uferböschung unterhalb der Drawehnertorschenke abgestützt werden, um ein Einstürzen der Uferwand zu verhindern. Am gegenüberliegenden Ufer wurde inzwischen auch die aus Erde bestehende und mit Feldsteinen befestigte alte Brückenböschung mit Hilfe von Feldbahnloren fast bis auf die Jeetzelsohle abgetragen. Die abgeräumte Erde wurde aus dem an der Adolf-Hitlerstraße liegenden Teile des sog. Bohnenmarktes aufgeschüttet. Dadurch wurde dieses Gelände wesentlich verbessert im Aussehen. Die bei der Beseitigung der alten Brückenböschungen gewonnenen Feldsteine dürften beim Wegebau Verwendung finden können. Die Telefonleitungen und die Trinkwasserzuführung nach der Inselstadt, die sich unter bzw. neben der abgebrochenen alten Jeetzelbrücke befanden, sind auf einer Behelfsbrücke nach dem Stadtteil auf der Insel geführt worden.

2. November
Vom Brückenbau an der Jeetzel ist zu berichten, daß nunmehr die Betonierungsarbeiten für das Brückenjoch in Angriff genommen werden, denn die Holzverschalungen für diesen letzten Teil der Brücke sind fertiggestellt. Man sieht dadurch schon jetzt die künftige Gestalt der Brücke, und man darf wohl sagen, daß sie sowohl in ihrer Form und im Baustoffe sich harmonisch in das Stadtbild, das man vom Weinberg überblicken kann, einfügen wird. Die mit Feldsteinen gefügten Ufermauern links und rechts der Jeetzel bilden einen guten Übergang von den an beiden Ufern stehenden Backsteinbauten zu dem Brückenjoch. das aus Eisenbeton erstehen wird. Als Brückengeländer wird wie früher eine Konstruktion aus Eisenstäben gewählt werden, und das Auge wird in diesem landschaftlich reizvollen Stadtbild auch an der neuen Drawehnertorbrücke Wohlgefallen haben. Zu beiden Seiten der Brückenbaustelle wird schon Kies in großen Mengen angefahren für die beginnenden Betonierungsarbeiten.

4. November
Am Freitagnachmittag fand bei der neuen Jeetzelbrücke, nachdem die Bauarbeiten zum größten Teil abgeschlossen sind, eine schlichte Richtfeier statt. Es waren neben den beim Bau beschäftigten Arbeitern und Vertretern der Baufirma auch Behördenvertreter und Mitglieder der hiesigen Stadtverwaltung anwesend. Nachdem in Ansprachen der Bedeutung des neuen Brückenbaues Ausdruck gegeben war, wurde auf einem Mast die Richtkrone bei der neuen Brücke ausgerichtet. Eine Nachfeier für alle am Bau Beteiligten in der Drawehnertorschenke schloß sich an."


Anmerkung von Torsten Schoepe: Es ist schon bemerkenswert, dass es mit den technischen Möglichkeiten von 1936 möglich war, in nur 5 Monaten solch eine Brücke zu bauen, auch und gerade, wenn man es mit unserer heutigen Zeit - 90 Jahre später - vergleicht, in der es gefühlt deutlich länger dauert.

Die alte Brücke ist unter anderem mit den Bild-IDs 33857 und 23515 dokumentiert.
Quelle:  Altes Zollhaus  Museum
Nutzungsrechte: Für kommerzielle Nutzung Anfrage richten an: Museum Hitzacker, Zollstraße 2, 29456 Hitzacker (Elbe), Telefon: 05862 8838, www.museum-hitzacker.de
Bauarbeiten • Brücke • Neubau • Straßenbrücke
Archiv-ID: 62357
Kommentare
Mathias Jühlke 10.08.2025
Das Geländer der alten Holzbrücke wurde für die neue Betonbrücke wiederverwendet. Das Geländer wurde von den Lüneburger Eisen-und Emaillierwerken Harry Behrens GmbH und Co. KG hergestellt.
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